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Eaton: Performance level, PL

Im Rahmen der Funktionalen Sicherheit (FuSi) einer Maschine oder Anlage spielt die EN ISO 13849-1 eine entscheidende Rolle. Sie enthält allgemeine Gestaltungsleitsätze für die Sicherheit von Maschinen und legt einen Fokus auf die Gestaltung und Integration von sicherheitsbezogenen Teilen von Steuerungen. Als wichtige Kenngröße für die Risikoeinstufung und Bewertung der Zuverlässigkeit von sicherheitsbezogenen Funktionen dient hier der Performance Level (PL). Dieser Blogbeitrag erklärt, was es mit dem PL auf sich hat, wofür er im Maschinenbau benötigt wird und wie er sich bestimmen bzw. berechnen lässt.

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Was ist der Performance Level (PL)?

Sicherheitsbezogene Teile eines Steuerungssystems (SRP/CS, Safety-Related Parts of a Control System) dienen dazu, Sicherheitsfunktionen unter bestimmten Voraussetzungen zu erfüllen und auf diese Weise zur Risikominderung beim Betrieb einer Maschine oder Anlage beizutragen. Dabei sind SRP/CS gemäß eines in der EN ISO 13849-1 festgelegten Prozesses zu gestalten. Sind die notwendigen Sicherheitsfunktionen mit ihren entsprechenden Eigenschaften definiert, so sieht die Norm vor, dass der Maschinenbauer den erforderlichen Performance Level (PL) bestimmt.

Laut EN ISO 13849-1 ist der PL ein „diskreter Level, der die Fähigkeit von sicherheitsbezogenen Teilen einer Steuerung spezifiziert, eine Sicherheitsfunktion unter vorhersehbaren Bedingungen auszuführen“. Er ist somit ein Maß für die Zuverlässigkeit einer Sicherheitsfunktion. Es gibt fünf PL (a, b, c, d, e), die für durchschnittliche Wahrscheinlichkeitswerte eines gefährlichen Ausfalls pro Stunde stehen. PL a beschreibt die geringste und PL e die höchste sicherheitstechnische Leistungsfähigkeit eines SRP/CS. Das heißt, je höher der PL, desto sicherer und zuverlässiger ist die betrachtete Funktion.

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Risikograf nach der EN ISO 13849-1

Schwere der Verletzungen:
S1: leichte Verletzungen
S2: schwere Verletzungen

Häufigkeit und Aufenthaltsdauer:
F1: selten bis öfter
F2: häufig bis dauernd

Möglichkeit zur Vermeidung der Gefährdung:
P1: möglich unter bestimmten Bedingungen
P2: kaum möglich

Grundsätzlich hat der Maschinenbauer den PL bei der Konstruktion und Planung einer Maschine aus zwei Perspektiven zu betrachten: Zunächst muss er den erforderlichen PL anhand einer Risikoabschätzung bestimmen; dann gilt es, den erreichten PL zu berechnen und nachzuweisen, dass die Mindestanforderung erfüllt ist.

Für die Berechnung der PL stellen die Hersteller von SRP/CS entsprechende Sicherheitskenngrößen zur Verfügung. Hierzu bietet das Eaton Sicherheitshandbuch weitere Informationen sowie nützliche Schaltungs- und Berechnungsbeispiele.

Neben dem PL gibt es noch eine weitere Kenngröße sicherheitstechnischer Leistungsfähigkeit, den Safety Integrity Level (SIL 1, 2, 3, 4 ) gemäß der IEC 62061. Beide Sicherheitsnormen benutzen unterschiedliche Klassifizierungssysteme und Definitionen für die Sicherheitsstufen. Je nach Technologie, Risikoeinstufung und Architektur ist entweder der iterative Prozess zur Gestaltung von SRP/CS nach EN ISO 13849-1 oder IEC 62061 anzuwenden.

In fünf Schritten zum validierten PL

Schritt 1 – Risikoabschätzung

Um im Rahmen der Risikoabschätzung das erforderliche Sicherheitsniveau PLr (required Performance Level) zu ermitteln, betrachtet der Konstrukteur seine Maschine ohne vorgesehene Sicherheitsfunktionen. Als Grundlage für die Risikoabschätzung dient der Risikograf der EN ISO 13849-1 (siehe Abbildung). Der hier definierte Prozess bewertet das Schadensausmaß bzw. die Schwere der potenziellen Verletzungsgefahr S, die Häufigkeit und Dauer der Gefährdung F sowie die Möglichkeiten zur Vermeidung der Gefährdung P.

So geht es darum zu bewerten, ob eine mögliche Verletzung reversibel ist (S1) oder nicht und sogar tödliche Folgen haben kann (S2). Besteht die Gefährdung nur selten bzw. für eine kurze Dauer (F1) oder mehr als einmal pro Stunde bzw. für einen längeren Zeitraum (F2). Gibt es eine realistische Chance, den Unfall zu vermeiden oder die Auswirkungen erheblich zu verringern (P1) oder lässt sich die Gefährdung kaum vermeiden (P2).

Bei diesem Verfahren handelt es sich um eine qualitative Abschätzung, die mit geringem Aufwand meist eine ausreichende Genauigkeit bringt. Sie ist als ergänzender Teil im Rahmen der Risikobewertung nach der EN ISO 12100 zu verstehen.

 

Schritt 2 – Entwurf der Steuerungsarchitektur

Im nächsten Schritt geht es darum, die Struktur eines sicherheitsbezogenen Steuerungssystems zu bewerten und in eine Kategorie einzuordnen. Hier definiert die EN ISO 13849-1 die folgenden Kategorien:

  • Kategorie B stellt die Basiskategorie dar, bei der die sicherheitsbezogenen Teile der Steuerung mindestens dem Stand der Technik entsprechen und den zu erwartenden Einflüssen standhalten.
  • In Kategorie 1 sind bewährte Bauteile und Prinzipien vorgesehen (z. B. Positionsschalter mit zwangsöffnendem Kontakt).
  • In Kategorie 2 sind die sicherheitsbezogenen Teile in bestimmten Abständen automatisch oder manuell zu überprüfen.
  • Bei der Kategorie 3 führt ein einzelner Fehler in einem sicherheitsbezogenen Bauteil nicht zum Verlust der Sicherheitsfunktion, d. h. die Schaltung wird redundant aufgebaut.
  • In Kategorie 4 führt ein einzelner Fehler ebenso wie in Kategorie 3 nicht zum Verlust der Sicherheitsfunktion. Darüber hinaus ist der Fehler sofort oder vor der nächsten potenziellen Gefährdung zu erkennen.
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Steuerungsarchitektur: Übersicht der Anforderungen je Kategorie

Grundsätzlich gilt: Je mehr die Risikominderung von den sicherheitsbezogenen Teilen der Steuerung abhängt, umso höher muss die Widerstandsfähigkeit gegen Fehler sein.

Ein konkretes Beispiel für die Bewertung findet sich im Sicherheitshandbuch.

Schritt 3 – Ermittlung des erreichten PL

Um den erreichten PL zu ermitteln, sind folgende Parameter zu betrachten:

Steuerungsarchitektur (Kategorie)

Mittlere Zeit bis zum gefährlichen Ausfall MTTFd (Mean Time to Dangerous Failure). Für elektromechanische Komponenten hängt dieser Wert stark von der Anzahl der Betätigungen ab. Die EN ISO 13849-1 stellt hierfür folgende Berechnungsformel zur Verfügung:

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B10d : mittlere Anzahl von Schaltzyklen, bis 10 % der Bauteile gefährlich Ausgefallen sind.

nop: mittlere Anzahl jährlicher Betätigungen

Diagnosedeckungsgrad DC (Diagnostic Coverage). Er dient als Maß für die Wirksamkeit der Erkennung von Fehlern. Der durchschnittliche DCavg eines Gesamtsystems bestehend aus mehreren sicherheitsgerichteten Steuerungssystemen errechnet sich laut Norm wie folgt:
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Ausfälle durch Fehler gemeinsamer Ursache CCF (Common Cause Failure). Mit dem CCF wird die Widerstandsfähigkeit gegen externe Einflüsse wie Umgebungsbedingungen qualitativ bewertet. Die Tabelle F.1 im Anhang F der Norm listet für den Maschinenbereich geeignete Maßnahmen und enthält eine Bewertung in Punkten.

Beziehung zwischen Kategorie, MTTFd, DC, CCF und PL. Hier bietet die Norm ein Diagramm, das die unterschiedlichen Kombinationen der Kategorie mit DCavg und MTTFd enthält und diese mit dem PL in Beziehung setzt.

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Ermitteln des PL mit DCavg und MTTFd

 

 

 

 

Ein konkretes Beispiel für die Bewertung findet sich im  Sicherheitshandbuch.

 

Schritt 4 – Verifikation der erreichten Risikominderung

Im Zuge der Verifikation ist der erreichte PL aus Schritt 3 dem geforderten PLr aus Schritt 1 gegenüberzustellen. Im Falle von PL ≥ PLr erfüllen die sicherheitsbezogenen Teile der Steuerung die Anforderungen. Bei PL < PLr muss der Konstrukteur entsprechend nachbessern und den Prozess erneut durchlaufen.

Schritt 5 – Validierung der Sicherheitsfunktionen

Die Validierung stellt die abschließende Bestätigung dafür dar, dass die gewählten Sicherheitsfunktionen die Anforderungen zur notwendigen Risikominderung erfüllen. In einem Validierungsplan sollte dokumentiert werden, welche Analysen und Prüfungen die Übereinstimmung der Lösung mit den Anforderungen nachzuweisen.

 

Fazit

Der Performance Level ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur sicheren Maschine und damit zu Funktionaler Sicherheit . Die EN ISO 13849-1 gibt einen detaillierten iterativen Prozess zur Bestimmung und Validierung des PL vor. Die Berechnung ist nicht ganz einfach. Daher stehen heute Berechnungstools (z. B.  SISTEMA „Sicherheit von Steuerungen an Maschinen“ von der DGUV) zur Verfügung, die dem Konstrukteur Hilfestellung bei der Bewertung der Sicherheit von Steuerungen bieten.

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Das Sicherheitshandbuch zeigt anhand von Beispielschaltkreisen, wie das Konzept der funktionalen Sicherheit mit elektrischen, elektronischen und programmierbaren Komponenten und Anlagen in Sicherheitsanwendungen umgesetzt werden kann. Es zeigt, wie verschiedene Sicherheitslevel (SIL oder PL) erreicht werden können. Die wichtigsten internationalen Normen EN ISO 13849-1 und IEC 62061 für die Sicherheit von Maschinen und Anlagen werden erläutert und an praktischen Beispielen gezeigt.

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